Landkreis Wittenberg setzt rassistische Flüchtlingspolitik fort.
Asylsuchende werden im Landkreis Wittenberg weiterhin im Lager Möhlau festgehalten.

Am 11. April ging es im Wittenberger Kreistag um die Frage, ob die Asylsuchenden im Landkreis weiterhin in einer ehemaligen Kaserne der sowjetischen Armee in Möhlau leben müssen oder neu untergebracht werden.
Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung wurde entschieden, dass das Lager Möhlau nicht geschlossen wird und die Flüchtlinge weiterhin dort leben müssen. Diese Entscheidung ist absolut erschreckend; leider sind die Details, wie es zu so einer solchen kommen konnte, bisher nicht öffentlich zugänglich.

Zur Erinnerung: Das Lager Möhlau ist ein ehemaliges Kasernengelände außerhalb eines 2000-Seelen-Dorfes, 30 Kilometer von der Kreisstadt Wittenberg entfernt. Anfang der 90er Jahre lebten in den Gebäuden 1100 Asylsuchende. Inzwischen sind es, aufgrund der stark rückläufigen AsylbewerberInnenzahl, weniger als 200 Menschen. Das Lager rottet vor sich hin. Die BewohnerInnen leben seit bis zu 17 Jahren dort. Für sie gibt es keine Möglichkeit das Lager zu verlassen, da der Landkreis bei langjährig Geduldeten nur die Unterbringung im Lager Möhlau vorsieht.
Weder für Familien mit Kindern, die teilweise ihre gesamte Kindheit und Jugend im Lager verloren haben, noch für Alleinreisende oder Ehepaare gibt es eine Möglichkeit, in eine andere Unterbringung außerhalb des Lagers umzuziehen. In vielen anderen Landkreisen können sich Asylsuchende nach einem halben Jahr, einem Jahr oder auch 5 Jahren eine eigene Wohnung suchen oder zugewiesen bekommen. Im Landkreis Wittenberg ist dies nicht so, hier kann das Lager nur durch Heirat, Tod oder Abschiebung dauerhaft verlassen werden. In vielen anderen Landkreisen erhalten Asylsuchende eine Arbeitserlaubnis, in Wittenberg wird diese konsequent verweigert. Deshalb blieb den Betroffenen das Bleiberecht verwehrt, weil eine Voraussetzung dafür ist, den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Die Verwaltung des Landkreises wollte bei der öffentlichen Ausschreibung im Herbst 2010 nur solche Alternativ-Vorschläge annehmen, die ein neues Lager (also zentrale Unterbringung in einer sog. Gemeinschaftsunterkunft) für Alleinreisende (Asylsuchende ohne Familie) und Wohnungen für Familien vorsehen. Dass die Asylsuchenden sich selbst Wohnungen suchen, wurde ihnen verweigert. Es wurde die bürokratische und teurere Unterbringung bevorzugt. Aber auch diese "Kompromisslösung" wurde nun im Kreistag abgelehnt.

Institutionalisierter und alltäglicher Rassismus

Die rassistische Asylpolitik des Landkreises Wittenberg wird fortgesetzt.
Asylsuchende werden weiterhin in eine Ruinenlandschaft hinter dem Friedhof in Möhlau ausgelagert. Sie werden zermürbt, drangsaliert, bevormundet und isoliert.
Die Politik des Landkreises Wittenberg gegenüber den Asylsuchenden ist gekennzeichnet durch eine kontinuierliche Verweigerung von grundlegenden Rechten wie Gesundheitsversorgung, Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu Wohnungen Der Landkreis zielt darauf ab, die Asylsuchenden zu entmutigen und zur "freiwilligen" Ausreise zu zwingen. Dies gelang z.B. Anfang April 2011 bei einem kurdischen Ehepaar aus Syrien. Die beiden lebten seit 17 Jahren im Lager Möhlau und litten unter Diabetes und Bluthochdruck. Durch die konsequente Verweigerung einer adäquaten medizinischen Versorgung durch die zuständige Verwaltung stellten sich bei den Betroffenen Folgeerkrankungen wie Schädigung der Augennetzhaut durch Bluthochdruck sowie Knochenbrüche und Muskelschmerzen ein. Laut Aussagen anderer BewohnerInnen des Lagers, war das betroffene Ehepaar psychisch wie physisch am Ende. Das ältere Ehepaar befindet sich nun wieder in Syrien, obwohl ihre Kinder weiterhin Deutschland leben. Ihre Lebensumstände und ihr gesundheitlicher Zustand dort sind uns nicht bekannt.

Mehrmals mahnte bereits das Innenministerium Sachsen-Anhalt die Arbeit der Ausländerbehörde des Landkreises an, da diese sich nicht an Weisungen und Erlasse des Ministeriums, wie z.B. Abschiebestopps gehalten hatte.
Und auch das Landesverwaltungsamt von Sachsen-Anhalt forderte bereits vor 2 Jahren die Situation in Möhlau und die Lebenssituation der Asylsuchenden im Landkreis zu verbessern. Zudem gibt es im Landkreis kein Integrationskonzept, das vom Land Sachsen-Anhalt eigentlich vorgeschrieben wird.

Erneut haben die politisch Verantwortlichen ihr völliges Desinteresse gegenüber der Situation der Asylsuchenden im Landkreis bewiesen und ein mal mehr muss die Asylpolitik im Landkreis Wittenberg als das benannt werden, was sie ist - unmenschlich und rassistisch.
Die negative Entscheidung des Kreistages ist ein Rückschlag für die Betroffenen. Aber sowohl die Flüchtlingsinitiative Wittenberg/Möhlau als auch ihre UnterstützerInnen werden weiter für die Rechte von Asylsuchenden und ein menschenwürdiges Leben kämpfen und nicht Ruhe geben bis es grundlegende Verbesserungen gibt.

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