Zum Schicksal von John Williams
Ein tragischer Tod im Schatten des Ausreiselager Halberstadt.

Seit mehreren Monaten haben die Bewohner des Ausreiselagers ihren ehemaligen Mitbewohner John Williams erfolglos gesucht. Dieser befand sich seit Frühjahr 2002 in der Einrichtung des Landes Sachsen-Anhalts. Der etwa 55 jährige Mann wurde zuletzt in komatösen Zustand in das Krankenhaus Halle - Dölau eingeliefert. Eine nicht diagnostizierbare Gehirnkrankheit wurde festgestellt, und es war davon auszugehen, dass die Krankheit schwerwiegende Behinderungen zur Folge haben wird. Der körperliche Zustand von Herrn Williams schloß aus, dass dieser selbst seine Freunde oder seinen Anwalt benachrichtigen konnte.

Die Frage nach seinem Verbleib stellte sich erstmals, nachdem ein Mitbewohner von John Williams, diesen im Krankenhaus besuchen wollte, aber feststellte, dass dieser sich nicht mehr dort aufhielt. Der zuständige Sozialbetreuer des Ausreisezentrums, hatte die persönlichen Besitztümer von Herrn Williams aus dessen Zimmer geräumt, aber konnte oder wollte nichts über den Verbleib von Herrn Williams mitteilen.

Die Bewohner des Ausreisezentrums stießen bei ihrer Suche auf wenig Hilfe. Vor Ort stellte sich der Eindruck ein, dass Herr Williams möglicherweise tot ist, und die Behörden diesen Umstand lieber geheim halten wollen. Dem Rechtsanwalt von Herrn Williams, wurde bei telephonischer Anfrage an die zuständige Ausländerbehörde in Zerbst, die Auskunft verweigert. Erst auf eine schriftliche Anfrage hin wurde ihm mitgeteilt, dass Herr Williams am 04.04.2004 verstorben ist.

Der Verlauf der Krankheit

Die ersten Anzeichen der Krankheit wurden von Mitbewohnern auf den August 2002 datiert. Das Gedächtnis, seine Fähigkeit zu Schreiben und seine Sehkraft haben immer mehr nachgelassen. Alles Hinweise auf eine ernst zu nehmende Erkrankung. Dennoch muteten die Behörden ihm zu, eine Arbeitsstrafe in Halberstadt abzuleisten, wofür er täglich mit dem Fahrrad die 7 km lange Strecke im Winter hinter sich bringen musste.

Insgesammt wird John Williams als ein sehr ruhiger, freundlicher, älterer Mann beschrieben, der für die anderen Bewohner eine Art Vaterfigur darstellte. Sein körperlicher Verfall führte zu großer Sorge bei seinen Freunden. So haben diese, ihn aufgrund der Tatsache, dass er am Ende nahezu blind war, auch Nachts zu Toilette begleiten müssen.

Laut Berichten, wurde eine Einweisung von Herrn Williams ins Krankenhaus vom zuständigen Sozialamt abgelehnt. Dies ist umso glaubhafter, als dass das Sozialamt später versuchte, Herrn Williams von der Intensivstation des Krankenhauses Halle Dölau zu entfernen, was nur durch ärztlichen Widerstand verhindert werden konnte. Dies zeigt welche verheerenden Auswirkungen die Leistungseinschränkung auf das unabweisbar Gebotene für die Betroffenen haben.

Im Dezember 2003 verschlechterte sich sein Zustand so immens, dass Mitbewohner, unabhängig von der Sozialstation, die Ambulanz informierten. Nach einem einwöchigen Aufenthalt in dem Krankenhaus in Halberstadt wurde Herr Williams dann wieder in das Ausreiselager zurück verlegt.
Nach einigen Tagen suchte Herr Williams das Gesundheitsamt in der ZASt Halberstadt auf und wurde wieder ins Krankenhaus überwiesen. Nach Aufenthalten in unterschiedlichen Krankenhäusern, erreichte er das Krankenhaus Halle/Dölau im Koma.

Symptomatische Mißstände bei der sozialen und gesundheitlichen Betreuung

Die Erzählungen über den Verlauf der Krankheit von John Williams, und die Kenntnis über die Lebensbedingungen in dem Ausreiselager zeigen die Grenzen dieser Einrichtung insbesondere das Versagen der sozialen und gesundheitlichen Betreuung auf.

In dem Ausreiselager besteht kein Vertrauensverhältnis zwischen dem Sozialbetreuer und den Bewohnern. Es gibt dort keine Instanz die sich parteiisch für die dort untergebrachten Flüchtlinge einsetzt. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass diese sich nicht an , eine ihnen „negativ“ eingestellte, Institution mit ihren Bedürfnissen wenden. Andersherum ist es mehr als bedenklich wenn der Sozialbetreuer anscheinend nicht in der Lage ist, den körperlichen Zerfall eines Bewohners zu registrieren, und auch in seinem Interesse eine Umverteilung und die notwendige ärztliche Versorgung in die Wege zu leiten zu dem zeugt es von keiner Professionalität, wenn auf die Sorge der Bewohner über den Verbleib ihres Freundes nicht eingegangen wird.

Es befinden sich unter den Bewohnern mehrere Menschen mit teilweise chronischen Erkrankungen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wiederholt zu tragischen Konsequenzen dieser körperlicher Zermürbungstaktik kommt.

Perspektiven

Nichts desto Trotz hat das Innenministerium die Aufnahmekapazität der Einrichtung auf 250 Plätze vergrößert und den Personenkreis auf allein reisende Frauen erweitert.

Durch den Entzug jeglicher finanzieller Mittel, ist es für die Betroffenen nahezu unmöglich, ein Klageverfahren anzustreben, was oftmals die einzige Chance für die Betroffenen ist, „raus“ zu kommen.

Anhand dieses tragischen Todesfalles zeigt sich, dass die dort untergebrachten Personen, nicht als Menschen, sondern als Objekte gesehen werden, die man ohne Benachrichtigung von Freunden und des Rechtsanwaltes beisetzen kann. Das Wissen über den Tod von Herrn Williams ist nur einer dreimonatigen Recherche zu verdanken und es bleibt weiterhin offen, wo Herr Williams gestorben ist, beigesetzt wurde und seine persönlichen Sachen verblieben sind.
Für diese Fragen fordern wir eine sofortige und umfassende Klärung durch die zuständigen Behörden.

Wir fordern die sofortige und ersatzlose Schließung des Ausreiselagers Halberstadt und aller anderen.

Wir fordern den Rücktritt des verantwortlichen Innenministers von Sachsen-Anhalt, Herrn Klaus Jeziorsky.

Initiative zur Schließung des Ausreiselagers Halberstadt

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