GU-ZAST Halberstadt soll Zentrallager für Asylbewerber werden.
Drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt
Ab 01.01.2008 sollen Flüchtlinge, die neu nach Sachsen-Anhalt kommen, bis zum Ende der Durchführung ihres Asylverfahrens und längstens für 15 Monate auf dem Gelände der GU-ZAST Halberstadt (Gemeinschaftsunterkunft – Zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt) bleiben. Danach sollen sie in die Landkreise um verteilt werden. Begründet wird diese dramatische Verschlechterung der Situation von Asylbewerbern mit der schlechten Auslastung der GU-ZAST Halberstadt und damit, dass das Land Sachsen-Anhalt gesetzlich verpflichtet ist eine ZAST zu betreiben 1).
Rückblick:
2002 wurde eine sog. "zentrale Ausreiseeinrichtung"2) in der GU-ZAST Halberstadt eingerichtet, es gab genug Platz durch die zurückgegangenen Asylbewerberzahlen. So wurden Asylbewerber, deren Antrag "offensichtlich unbegründet" sei und die ihre "Mitwirkungspflicht verletzt" hätten, dort eingewiesen. Ziel der "Zentralen Ausreiseeinrichtung" sollte sein, dass die Bereitschaft der eingewiesenen Asylbewerber durch "intensive Betreuung"3) zur "freiwilligen Ausreise"4) gesteigert würde. Am 1. Juni 2005 stellte der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt in einer Pressemitteilung fest, dass die "Ausreiseeinrichtung" "außer menschliches Leid nichts gebracht"5) hat.
Im Juli 2005 wurde bekannt, dass für das Landesverwaltungsamt "seit langem klar ist, dass die Einrichtung (die GU-ZAST) aus Kostengründen verkleinert und Personal abgebaut werden muss"6).
Am 2. Dezember 2005 kam es in der Obdachlosenunterkunft in Halberstadt zu einem verheerenden Brand bei dem 9 Obdachlose starben und in der GU-ZAST Halberstadt wurden die oberen beiden Etagen der drei fünf-etagigen Plattenbauten geschlossen. So bietet die GU-ZAST keine 1200 Plätze mehr, wenn der Belegungsschlüssel des Innenministeriums zugrunde gelegt wird, sondern 600 Plätze.
Seit dem 28.12.2005 wurden Asylbewerber aus der geschlossenen Asylbewerberunterkunft Schönebeck eingewiesen. Als die Asylbewerber in Thale erfuhren, dass die Asylbewerberunterkünfte in Elend/Wernigerode und in Thale geschlossen werden sollen und die Asylbewerber in der GU-ZAST Halberstadt leben sollen, begannen sie einen Hungerstreik. Was die dauerhafte Unterbringung in der GU-ZAST Halberstadt für Asylbewerber bedeutet, lässt der Hungerstreik erahnen.
Aktuelles – Zentrallager nimmt Formen an
Inzwischen sind Flüchtlinge aus Elend, auch allein reisende Mütter mit Kleinkindern, nach Halberstadt um verteilt worden. Es werden im ersten Plattenbau, dem Block A, die oberen Etagen saniert. Nach dem Abschluss der Sanierungsarbeiten sollen im Block A und C, dem ersten und dritten Plattenbau, Platz für 800 Asylbewerber sein. 200 Plätze mehr als jetzt. Aktuell wird davon ausgegangen, dass 50 Flüchtlinge monatlich nach Sachsen-Anhalt kommen 7), und die GU-ZAST genug Platz hätte, dass alle Asylbewerber 15 Monate in der GU-ZAST verbleiben.
Bei den aktuellen Gesprächen scheint das Innenministerium nur in solchen Punkten wie beispielsweise, ob Familien mit Kindern kürzer im Zentrallager untergebracht werden sollen, gesprächsbereit zu sein.
Ausblick
Die Asylbewerberzahlen werden weiter sinken 8), der nächste Leerstand in der GU-ZAST Halberstadt ist absehbar. Das Innenministerium wird wieder eine weitere Verschlechterung der Lebenssituation von Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt planen, wenn nicht ein Umdenken stattfindet!
Falls das Innenministerium eine humane Lösung für die kostspielige GU-ZAST will, muss der Rückbau der GU-ZAST nur für die Erstaufnahme vorangetrieben werden. Besser wäre es insgesamt die Unterbringung von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften zu überdenken. Die Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen wäre ein erster Schritt gegen Rassismus und für Integration. Dieser könnte, da viele Gemeinschaftsunterkünfte in Sachsen-Anhalt unter belegt sind, getan werden. Dann wäre auch nach der Schließung der Gemeinschaftsunterkünfte Elend, Thale, Schönebeck und demnächst Hohenthurm der Umzug von Asylbewerbern in andere Gemeinschaftsunterkünfte überflüssig. Die Asylbewerber würden nicht die mühsam aufgebauten sozialen Kontakte durch Umverteilung in andere Gemeinschaftsunterkünfte verlieren. Das Land Sachsen-Anhalt könnte sich von dem Konzept der Unterbringung von Asylbewerbern in isolierten, leeren und teuren Gemeinschaftsunterkünften verabschieden.
Das wäre eine Politik für Integration und gegen Rassismus und ein Ende der stigmatisierenden Auslagerung von Menschen aus der sachsen-anhaltinischen Gesellschaft.
Dies könnte durch ein Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt ergänzt werden, dies wäre ein klares Signal gegen rassistische Gewalt und würde zeigen, dass die Rechtsextremen ihre rassistischen Ziele nicht erreichen.
Dies ist unser bisheriger Stand, da der Entwurf des Erlasses nicht öffentlich zugänglich ist.
Fußnoten:
1) § 44-47 AsylVfg: Eine Aufnahmeeinrichtung ist einzurichten. In dieser sind Asylbewerber nicht länger als 6 Wochen,
höchstens(!) 3 Monate unterzubringen. Die Aufnahmeeinrichtung soll ausreichend Plätze zur Verfügung stellen,
entsprechend ihrer Aufnahmequote. Die Anzahl der zugewiesenen Asylbewerber wird monatlich mitgeteilt.
(zusammenfassend)
www.aufenthaltstitel.de/asylvfg.html#abschnitt3
2) In den Erlassen des Innenministeriums wurde von „Ausreise-Einrichtung in der GU-ZAST“ gesprochen, in den
Diskussionen von „zentraler Ausreiseeinrichtung“, Flüchtlingsräte und Antira-Gruppen sprechen vom Abschiebelager,
alle weiteren Zitate aus den Erlassen des Innenministeriums.
3) Neues Deutschland 31.07.2004 John Williams starb trotz "intensiver Betreuung"
4) Unwort des Jahres 2006, http://www.unwortdesjahres.org
5) Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt "Außer menschliches Leid nichts gebracht – Flüchtlingsrat
weiterhin für die Schließung der Ausreiseeinrichtung" 1. Juni 2005
6) Artikel der Mitteldeutschen Zeitung vom 21.07.2005 Land will stärker bei Flüchtlingen sparen
7) "Sachsen-Anhalt nimmt wie im Vorjahr knapp 3,1 Prozent der nach Deutschland eingereisten Asylbewerber auf"
Ministerium des Inneren – Pressemitteilung Nr.: 281/07 10. Oktober 2007
8) "Nach der jetzt vorliegenden Halbjahresstatistik kamen 274 Asylbewerber nach Sachsen-Anhalt im Vergleich zu 377
Bewerbern im ersten Halbjahr 2006" ebd.