Rassistische Eskalation in Vockerode:
Zivilgesellschaft und Verantwortliche im Landkreis schweigen

Am vergangenen Oster-Wochenende kam es in Vockerode zu einem rassistischen Übergriff auf Flüchtlinge, die vom Landkreis dort zwangsweise untergebracht werden. Nachdem die drei Täter sie rassistisch beleidigt und mit Flaschen beworfen hatten, verfolgten sie die Flüchtlinge bis ins Treppenhaus eines der Wohnblöcke. Trotz Wachschutz konnten die Täter versuchen, in eine der Wohnungen einzudringen. All dies passierte direkt in Vockerode unter den Augen der Nachbarn.

Der Überfall und der Umgang von Polizei, Politiker_innen und Bürger_innen Vockerodes zeigen, dass die gegenwärtige Situation untragbar ist und endlich eine dezentrale und selbstbestimmte Unterbringung in Wohnungen in Wittenberg oder Gräfenhainichen gefunden werden muss. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Lage in Vockerode (oder in einer der anderen dörflichen Gemeinden im Landkreis) grundlegend verbessern wird.

Während sich die Einwohner_innen Vockerodes sehr schnell darüber beschweren konnten, in eine rechte Ecke gestellt zu werden, herrscht nach dem Übergriff Schweigen. Weder von Seiten der Bürgerinitiative, die nicht müde wurde, zu betonen, dass sie mit Nazis nichts zu tun und nichts gegen die Flüchtlinge habe, noch von offiziellen Stellen gab es bisher eine Stellungnahme.

Weder Medien noch Landkreis haben bisher versucht, direkt mit den betroffenen Flüchtlingen zu sprechen. Die Polizei befragte zwar am 5. April einige Flüchtlingen, hatte ihre Pressemitteilung jedoch schon Tage zuvor veröffentlicht. Diese wurde dann direkt oder über den Umweg dpa-Meldung von lokalen und regionalen Medien abgeschrieben. Die Polizei fantasierte in ihrer PM einen Flaschenwurf von Seiten der Flüchtlinge herbei, der sich ganz offensichtlich allein auf die Aussage der eigentlichen Täter stützt. Dadurch werden die Tatsachen verdreht und ein rassistischer Übergriff, bei dem Flüchtlinge bis in ihren Wohnraum verfolgt und dort angegriffen wurden, wird als "Auseinandersetzung" dargestellt. So soll der Eindruck erzeugt werden, die Flüchtlinge seien selbst Schuld - ein gängiges Muster von Polizei und Behörden um rassistische Übergriffe zu entpolitisieren und klein zu reden.

Die Flüchtlinge haben in der Vergangenheit mehrfach auf die Gefahr rassistischer Übergriffe und die feindselige Stimmung hingewiesen, die ihnen in Vockerode entgegen schlägt. So begannen direkt nach dem zwangsweisen Umzug aus dem Lager Möhlau nach Vockerode die rassistischen Beleidigungen auf offener Straße. In den Kommentaren verschiedener Websiten, die sich mit dem Widerstand der Flüchtlinge solidarisieren, wurden immer wieder Gewaltandrohungen gepostet. Dies lässt eine weitere rassistische Eskalation befürchten.
Eine Woche vor dem jüngsten Übergriff wurde der Briefkasten eines Flüchtlings zerstört. Angesichts der Bedeutung von Briefen für das Asylverfahren in Deutschland, ist auch die Bedeutung eines solchen Akts, der auf den ersten Blick wie harmloser Vandalismus aussehen mag, nicht zu unterschätzen.

Ebenso entlarvt der Übergriff das "Sicherheitskonzept" von Politik und Verwaltung im Landkreis Wittenberg. Die Security vor Ort tat während des gesamten Angriffs am Osterwochenende nichts. Im Gegensatz dazu wurden Freund_innen und Unterstützer_innen der Flüchtlinge in Vockerode bei Besuchen mehrfach von den Securities belästigt und ausgefragt. Sicherheit bedeutet also offensichtlich nicht den Schutz der Flüchtlinge. Vielmehr geht es um die ständige Kontrolle und Überwachung des Lagers.

Der Landkreis Wittenberg ist für die Unterbringung und Sicherheit der Flüchtlinge verantwortlich. Es war eine politische Entscheidung, dass die Flüchtlinge nach der Schließung des Lagers in Möhlau nicht dezentral in selbstgesuchten Wohnungen leben dürfen, sondern nach Vockerode umziehen mussten. Diese erste Eskalation der ohnehin rassistischen Grundstimmung in Vockerode liegt damit allein in der Verantwortung des Landkreises, der bisher nichts dafür unternommen hat, Übergriffe wie den vom Osterwochenende konsequent zu verhindern.

Als Unterstützer_innen der Flüchtlinge in Vockerode denken wir, dass dieser Übergriff, bei dem nur durch Glück und den entschlossenen Widerstand der Betroffenen Schlimmeres verhindert werden konnte, endgültig genug sein muss! Wir fordern die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung auf, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und endlich für eine dezentrale und selbstbestimmte Unterbringung der Flüchtlinge im Landkreis Wittenberg zu sorgen.

Solidarität mit den Flüchtlingen!
Lager abschaffen, im Landkreis Wittenberg und überall!

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