mz, Mittwoch, 6.7.2011

--Artikel--

Thema ist nicht erledigt

Möhlauer Heim bleibt bestehen Familien kommen künftig dezentral unter.

WITTENBERG/MZ/TEO - Das Asylbewerberheim Möhlau bleibt bestehen und auch der Betreiber mit der KVW Beherbergungsbetrieb GmbH unter Geschäftsführung von Marcel Wiesemann der alte. Der Kreistag hat am Montag in nichtöffentlicher Sitzung dessen Angebot auf die Ausschreibung den Zuschlag erteilt. Er sei nicht der einzige Anbieter gewesen, heißt es aus der Kreisverwaltung.

Allerdings werden in der ehemaligen Kaserne nur noch alleinstehende Flüchtlinge untergebracht, nachdem die Unterkunft - so wie es in der Ausschreibung gefordert war - saniert worden ist. 100 Plätze soll die zentrale Unterkunft dann noch haben. Für Familien - das beträfe nochmals etwa 100 Personen -sollen laut dem Angebot dezentral Wohnungen in Wittenberg und Vockerode angemietet werden. Wirksam wird der neue Vertrag zwischen Landkreis und Betreiber zum 1. Januar 2012. Die Unterbringung wird so für den Kreis um rund 150 000 Euro teurer.

"Es wäre besser, auch die 100 Alleinreisenden an einem anderen Ort als in Möhlau unterzubringen", kritisiert Salomon Wantchoucou, Sprecher der Flüchtlingsinitiative Möhlau, diese Entscheidung. "In Möhlau fühlen sich die Flüchtlinge diskriminiert und isoliert, und das wird noch schlimmer, wenn es dort keine Familien mehr gibt." Die Familien hätten zumeist ein Auto und würden Mitbewohner mitnehmen, wenn sie zum Einkaufen in die Städte fahren. Wegen der dünnen Infrastruktur und fehlender Bahnanbindung wäre ihnen allerdings auch mit Vockerode nicht geholfen, fügte Wantchoucou noch hinzu.

Gemeinsam mit Vertretern der in Halle ansässigen Initiative "no lager" hat er vorgestern die öffentliche Kreistagssitzung in Wittenberg verfolgt. Dabei wäre es fast zum Eklat gekommen, weil eine Frau von "no lager" während der Einwohnerfragestunde Flugblätter an die Kreistagsmitglieder verteilte, in denen die aufgefordert wurden, einem Vertrag mit Wiesemann nicht zuzustimmen. Der Kreistagsvorsitzende Otto Klempert (CDU) unterbrach die Sitzung, nachdem seine Aufforderung, das zu unterlassen und die Flugblätter zurückzunehmen, ignoriert worden war. Die vor der Sparkasse postierte Polizei - die Flüchtlingsvertreter hatten dort eine Demonstration angemeldet - musste aber nicht eingreifen.

--Kommentar--

Thema ist nicht erledigt

UTE OTTO sieht die Entscheidung des Kreistags zur Unterbringung der Asylbewerber skeptisch.

Der Berg kreißt und gebiert eine Maus. Der große Wurf ist die Entscheidung des Kreistages hinsichtlich der Unterbringung von Asylbewerbern nicht, nach all dem Getöse im Vorfeld. Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) selbst hat das Wort von der Schließung beziehungsweise Auflösung der Gemeinschaftsunterkunft Möhlau im Mund geführt. Nun bleibt fast alles beim Alten.

Besser wird es für die Familien. Aber die Enttäuschung derer, die dort weiter auf unbestimmte Zeit ihr Dasein fristen sollen, ist auch verständlich. Da kann man an der Unterkunft sanieren und tünchen soviel man will, ob es jemals ein für die dort Lebenden akzeptables Heim werden kann, ist fraglich. Zumal es für die zurückbleibenden Flüchtlinge noch trister wird, wenn die Familien, die sich noch mehr um einen geordneten Alltag in der Unterkunft kümmern müssen, nicht mehr da sind. Vielmehr ist zu befürchten, dass sich die Probleme verschärfen und sich die Gemeinschaftsunterkunft in Möhlau erst recht zu einem Brennpunkt entwickelt. Wer im Kreistag hofft, das Thema Asylbewerberheim nun zu den Akten legen zu können, wird sich wahrscheinlich bald eines Besseren belehren lassen müssen.

zurück