Kundgebung am 22.03.2011 von 14-18 Uhr auf dem Markt Wittenberg
Aufruf zum bundesweiten Aktionstag gegen Lager, Residenzpflicht und Sachleistungen
"Raus aus der Isolation, rein in die Gesellschaft!"
Zur bisherigen Unterbringung von asylsuchenden und langjährig geduldeten Menschen im Landkreis
Jeder Mensch hat das Recht Asyl in einem anderen Land zu suchen und zu beantragen. Die demokratische Grundordnung Deutschlands sieht sich dem Schutz und dem humanen Umgang mit Flüchtlingen verpflichtet. Seit Beginn der 1990er Jahre werden auch in allen Landkreisen der neuen Bundesländer die ihnen zugewiesenen Flüchtlinge aufgenommen, versorgt und beherbergt; so auch im Landkreis Wittenberg. Hierfür wurde das ehemalige sowjetische Kasernengelände am Rande des kleinen Ortes Möhlau als die zentrale "Gemeinschaftsunterkunft" eingerichtet. Wohnten anfangs rund 1000 Menschen auf dem Gelände, sind es heute aufgrund der stark rückläufigen Zahlen von Flüchtlingen nur noch ca. 200 BewohnerInnen, die seit bis zu 15 Jahren leben und wohnen müssen; darunter etliche Familien mit Kindern. Das Leben in Möhlau ist für die betroffenen Flüchtlinge vor allem durch jahrelange Isolation und systematischer Verwehrung jeglicher gesellschaftlicher Teilhabe gekennzeichnet. Neben der maroden Bausubstanz verfügt die Unterkunft kaum über eine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel oder urbane Infrastruktur. Auch mangelt es in der bisher privatwirtschaftlich betriebenen Unterkunft an adäquater sozialer Beratung und Fürsorge. Viele der in Möhlau lebenden Kinder sind in dieser Situation aufgewachsen. Ein Großteil der BewohnerInnen, ob alleinreisend oder mit familiären Umfeld, leidet aufgrund der Situation an psychischen Problemen.
Ein Schimmer Hoffnung?
Im Frühjahr 2009 gründeten die BewohnerInnen die Flüchtlingsinitiative Möhlau um gemeinsam gegen die katastrophalen Zustände ihrer Unterbringung und für eine dezentrale und stadtnahe alternative Unterbringung zu kämpfen. Dieses Ziel schien im Sommer 2010 ein Stück näher zu rücken, da die vertragliche Bindung des Landkreises mit dem bisherigen privaten Betreiber zu diesem Zeitpunkt auslief und eine Diskussion über eine mögliche Neuunterbringung der Betroffenen begann. Landrat Jürgen Dannenberg verkündete die Schließung der Unterkunft, die Kündigungsfrist wurde von sechs auf drei Monate vertraglich gekürzt und eine öffentliche Ausschreibung für eine neue Unterbringung veröffentlicht. Die BewohnerInnen hofften auf eine baldige Verbesserung der Situation. Seit dem ersten positiven Signal seitens des Landrats sind Monate vergangen. Bis heute werden die Flüchtlinge über ihre weitere Lebenssituation im Ungewissen gelassen, da eine Kommunikation zwischen den politisch Verantwortlichen und den Betroffenen nicht stattfand.
Eine Entscheidung ist in Sicht
Während sich andere Landkreise und Kommunen schon seit langem für eine Unterbringung der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge in Wohnungen entschlossen haben, wurde diese Variante nur zögerlich in Wittenberg diskutiert. Dabei wäre die Unterbringung in Wohnungen nicht nur menschenwürdig, sondern auch kostengünstiger. Dabei sollte nicht unterschieden werden zwischen Flüchtlingen die im Familienverband leben und Flüchtlingen ohne Familie (sogenannten Alleinreisenden), da sich die Auswirkungen der Lebenssituation nicht voneinander unterscheiden.
Nach einer gescheiterten Ausschreibung für ein tragfähiges, neues Unterbringungskonzept und mehreren Monaten Nachverhandlungen zwischen dem Landkreis und den potenziellen neuen Betreibern soll nun am 11.April 2011 eine endgültige Entscheidung im Kreistag gefällt werden.
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Wir wollen gemeinsam am 22.3. den bundesweiten Aktionstag nutzen um einen letzten öffentlichen Appell vor der Entscheidung an die politisch Verantwortlichen zu richten. Wir laden alle interessierte BürgerInnen und zivil gesellschaftlichen Akteure dazu ein an der Kundgebung teilzunehmen und die Forderungen der Flüchtlinge mit zu unterstützen:
Lager Möhlau schließen!
Für eine dezentrale Unterbringung aller Flüchtlinge in Wohnungen!
Für ein menschenwürdiges und gleichberechtigtes Leben!
Mehr Infos unter: Flüchtlingsinitiative Möhlau/Wittenberg