24.09.05 Aktionstag gegen die Errichtung von Lagern für Asylsuchende!
- Für die ersatzlose Schließung des Abschiebelagers Halberstadt!
Vom Komitee für Grundrechte Köln wurde angesichts der Abschiebelager in Deutschland (Bramsche, Fürth, Trier, Halberstadt..) und der Errichtung von exterritorialen Lagern in Tunesien und Lybien zum Protest gegen die Errichtung dieser Lager, in denen die Grundrechte der Asylsuchenden mit Füßen getreten werden, aufgerufen.
Am 24.09. werden die großen zentrale Proteste am Abschiebelager Bramsche in Niedersachsen beginnen. Am 25.09. werden die Proteste in Retschow (Mecklemburg-Vorpommern) fortgesetzt.
Wir werden in Halle/S. die Bilder des Abschiebelagers Halberstadt in der Stadt öffentlich zeigen - vom Lager sieben Kilometer außerhalb Halberstadts. Anläßlich des Aktionstages gegen Lager - für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für Alle werden wir die bundesweite "Interkulturelle Woche" mit den realen Lebensbedingungen Asylsuchender in Deutschland konfrontieren.
Die exterritorialen Lager
Es sind bereits 9 bis 13 geheime Lager (Abschiebehafteinrichtungen) in Tunesien errichtet worden, in denen Asylsuchende vor den Toren Europas festgehalten werden, in Lybien ebenso. Diese werden von der EU finanziert genauso wie 5650 Abschiebungen aus Lybien. Diese Lager, in denen Asylbewerber in der Wüste festgehalten/eingesperrt werden, konnten weder vom UN-Kommissariat für Menschenrechte noch vom Roten Kreuz oder von Parlamentariern besucht werden, von Anwälten der Asylsuchenden schon gar nicht. Dort sollen dann ohne jeglichen rechtlichen Beistand und ohne Beobachtung ihrer Lebenssituation die Asylanträge geprüft und entschieden werden, wer nach Europa darf.
Offiziell wurde behauptet, so solle ihnen die gefährliche Überfahrt über das Meer erspart werden...
Das Abschiebelager Halberstadt
Das Abschiebelager Halberstadt befindet sich auf dem Gelände der Zentralen Anlauf Stelle (ZASt) für Asylbewerber. Hierhin kommen alle neuen Asylantragsteller, die nach Sachsen-Anhalt verteilt wurden, vor der Zuweisung in die Städte und Landkreise.
Die ZASt in Halberstadt wurde 1990 auf einem ehemaligen russischen Kasernengelände eingerichtet und liegt 7 Kilometer außerhalb der Stadt. Seit dem erfolgten keinerlei Baumaßnahmen, nur die Fassaden sind seitdem gestrichen worden. Die Zimmer sind noch aus alten Beständen eingerichtet und wurden bisher nicht renoviert.
Das Abschiebelager befindet sich in einem der 3 Blöcke.
Seit 2001 werden Asylbewerber, die aufgrund fehlender Reisedokumente nicht abgeschoben werden können und deren Asylantrag abgelehnt wurde, per Anordnung durch die zuständigen Ausländerbehörden in das Abschiebelager Halberstadt gebracht.
Die abgelehnten Asylbewerber müssen im Abschiebelager ohne Geld, versorgt durch Sachleistungen wie Großküchenessen und unzureichender medizinischer Versorgung leben. Zusätzlich ist ihr Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit auf den Landkreis Halberstadt beschränkt.
Durch diese Maßnahmen wurden über 50 % der bisher mehr als 200 eingewiesenen Menschen dazu gebracht, in die Illegalität zu flüchten.
Ein Asylbewerber - John Williams - verstarb nach langer Krankheit während seines anderthalb jährigen Aufenthalts im Abschiebelager Halberstadt unter ungeklärten Umständen und verschwand auf einem anonymen Urnenfeld auf dem Friedhof in Kleinwanzleben.
Viele Asylbewerber, die im Abschiebelager Halberstadt leben müssen, erkranken psychisch und körperlich in Folge der Lebensbedingungen im Abschiebelager.
Die ZAST bietet nach den geringen Standards, der Asylbewerbern gewährt wird (Drei- bis Sechsbettzimmer) Platz für 1500 (1200?, ursprünglich für 1900) Menschen.
Auch durch das Abschiebelager, das nach dem Willen der Landesregierung Sachsen-Anhalt von 100 auf 250 nicht abschiebbare Asylbewerber aufgestockt werden soll, kann die Kapazität des ZAST-Geländes nicht ausgelastet werden.
Grund sind stetig sinkende Asylbewerberzahlen, weil nur noch wenige Flüchtlinge in die Festung Europa gelangen können.
Bisher sind die konkreten Pläne seitens des Innenministeriums für das ehemalige Kasernen-Gelände nicht bekannt. Es ist aber zu befürchten, dass die meisten Asylbewerber deren Identität angezweifelt wird oder die keine Reisepapiere haben, nach der Ablehnung ihres Asylantrags in das Abschiebelager auf dem selben Gelände kommen.
Zur Zeit ist die Anerkennungsquote von Asylanträgen in Deutschland bei 1,2 %, so erhalten fast alle Asylbewerber in Sachsen-Anhalt nach zwei Wochen Aufenthalt in der ZASt die Ablehnung des Asylantrags. Zumeist haben sie erst nach der Umverteilung in Flüchtlingsheime Kontakt zu Anwälten und können dann einen Asylfolgeantrag stellen.
All diese Menschen könnten in Zukunft direkt in das Abschiebelager eingewiesen werden.
Seit Jahren werden Erlasse des Innenministeriums Sachsen-Anhalts das Abschiebelager u.a. ausländerrechtliche Themen betreffend erst Monate nach ihrem Beschluss veröffentlicht, teilweise erst ein dreiviertel Jahr später. So sind weder Anwälte noch Asylbewerber oder NGO`s in Sachsen-Anhalt über die aktuelle rechtliche Lage informiert. Während die meisten Bundesländer drei Wochen nach der Innenministerkonferenz im Juni 2005 ihre Erlasse veröffentlicht haben, hat das Innenministerium von Sachsen-Anhalt keinen einzigen ihrer neuen Erlasse zugänglich gemacht. Die aktuellen rechtlichen Grundlagen der Umsetzung des Ausländerrechts in Sachsen-Anhalt sind damit teilweise unklar. So wissen Asylbewerber aus Afghanistan nicht, ob ihnen eine Abschiebung dorthin drohen könnte, Asylbewerber aus dem Togo, genauso wie serbischsprachige Roma aus dem Kosovo wissen dies ebenfalls nicht usw. pp..
Diese Informationspolitik schürt gezielt Ängste unter den Asylbewerbern, macht es Anwälten unmöglich ihre Klienten zu vertreten und NGO`s auf aktuelle Veränderungen zu reagieren, sie sind ja längst umgesetzt...dasselbe gilt für die Pläne auf dem Gelände der ehemaligen Militärkaserne in Halberstadt auf dem sich jetzt(?) die ZAST und das Abschiebelager Halberstadt befinden.
Wir fordern, dass das Abschiebelager Halberstadt ersatzlos geschlossen wird!
Schluss mit der menschenunwürdigen Unterbringung von Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt!
Wir verlangen, dass die Landesregierung ihre Pläne mit dem Areal "GU-ZAST Halberstadt" sofort öffentlich bekannt gibt!
Wir protestieren gegen die bisherige Informationspolitik des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt !
Für ein menschenwürdiges Leben für Asylbewerber in Sachsen-Anhalt und Europa!
Kein Lager in Sachsen-Anhalt, kein Lager vor den Toren Europas, in dem die Menschenwürde mit Füßen getreten wird!