Prozess wegen Residenzpflichtverstoß in HBS
07.11.05 Amtsgericht Halberstadt, Wagnerstraße ab 11 Uhr

Am 07.11. findet in Halberstadt ein Prozess gegen einen Flüchtling statt. Ihm wird vorgeworfen gegen die sog. Residenzpflicht verstoßen zu haben.

Im Amtsgericht Halberstadt soll am 7.11.05 ein Mensch angeklagt werden, der angeblich gegen die sogenannte Residenzpflicht ver­stoßen haben soll. Ein Mensch fährt von Halberstadt nach Aschersleben. Dort will er vielleicht einkaufen, eine Freundin besu­chen oder einfach nur spazierengehen. Nichts besonderes, nichts außergewöhnliches könnte mensch glauben, würde es sich hier um Menschen handeln, der die Staatsbürgerschaft der BRD besitzt. Anders wenn dieser Mensch ein Flüchtling ist. In den vielfältigen Sondergesetzen, mit denen die Flüchtlinge zu sicherheits- und ord­nungspolitischen Verwaltungsakten gemacht wurden, spielt die sogenannte Residenzpflicht eine besondere Rolle. Das Residenz­pflichtgesetz ist ein Gesetz, das nur für die Flüchtlinge in der BRD gilt, die sich noch in ihrem Asylverfahren befinden. In Europa ist es einmalig. Es besagt, daß sich die Flüchtlinge nur in dem Landkreis, in dem sich ihre zuständige Ausländerbehörde befindet, aufhalten dürfen. Es gilt seit 1982.
Für Flüchtlinge deren Asylantrag abgelehnt wurden, die jedoch eine Duldung haben, gelten ebenfalls Aufenthaltsbeschränkungen auf anderen rechtlichen Grundlagen. Allerdings beruhen diese auf den gleichen Grundgedanken: Den betroffenen Ausländern soll vor Augen gestellt werden, daß sie kein richtiges Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Außerdem soll "eine ihre spätere Entfernung aus dem Bundesgebiet möglicherweise hindernde soziale Integrati­on vermieden werden," wie es dazu in einer höchstrichterlichen Entscheidung heißt. Es geht auch um die Abschreckung anderer Flüchtlinge. Zum Verlassen des Landkreises bzw. des Ortes, der dem Flüchtling zugewiesen wurde, muß eine Reiseerlaubnis von der Ausländer­behörde beantragt werden, auch wenn es sich nur um 5 Meter handelt. Für die Erteilung der Reiseerlaubnis gibt es keine nachvoll­ziehbaren Regeln, deshalb ist den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der sogenannten Ausländerbehörden, die in der Regel im Ord­nungsamt integriert sind, jede Form von Willkür möglich.
Im konkreten Fall es um einen "Verstoß" gegen eine Aufenthalts­beschränkung bei einem Menschen mit Duldung. Räumliche Beschränkungen können bei Geduldeten allgemein angeordnet werden (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 2 Aufenthaltsgesetz). Die einschlä­gige Strafvorschrift ist § 95 Abs. 1 Nr. 7 Aufenthaltsgesetz. Die Höchststrafe dort ist in ein Jahr Gefängnis; eine Geldstrafe nach dieser Vorschrift wird in Tagessätzen ausgedrückt, wobei Richter hier die Tagessätze verschieden ansetzen. Letztlich werden die Betroffenen die Geldstrafe regelmäßig abarbeiten, wobei dann ein Tagessatz 6 Stunden gemeinnütziger Arbeit entspricht. Oder sie verbüßen anstelle der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe, wobei dann ein Tagessatz einem Tag Gefängnis entspricht. Sofern hier Geldstrafen verhängt werden, werden sie in der Regel unter 180 Tagessätzen liegen. Bei der ersten Ahndung als Straftat (also dem zweiten festgestellten Verstoß) dürften 30 Tagessätze üblich sein.

Beim ersten festgestellten Verstoß ist es nur eine Ordnungswidrig­keit nach § 98 Abs. 2 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz; diese kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Zahlt man nicht, droht letztlich eine sogenannte Erzwingungshaft von mehreren Tagen oder Wochen, die man wieder durch gemeinnützige Arbeit "vermeiden" kann.
Im konkreten Fall geht es_ rechtlich vor allem um die Frage, ob außer dem jüngsten Verstoß gegen die Aufenthaltsbeschränkung, der nicht zu bestreiten ist, dem Menschen auch ein Verstoß im letz­ten November zur Last gelegt werden kann. Erst der zweite Verstoß kann als Straftat geahndet werden; sonst ist es nur eine Ordnungs­widrigkeit. Im November wurde er aber lediglich im Bahnhof Halb­erstadt beim Besteigen eines Zuges angetroffen.Es geht letztlich entscheidend darum, ob im November neben der damals in der Duldungsbescheinigung des angeklagten Menschen eingetragenen Aufenthaltsbeschränk-ung auf den Landkreis Halberstadt noch eine Aufenthaltsbeschränkung auf das Gebiet der Stadt Halberstadt unter Aussparung des Bahnhofsgeländes galt. Als Zeugin der Anklage wird, wie kann es anders sein, eine Beamtin der Ausländerbehörde auftreten.

Wir fordern die sofortige Einstellung des Verfahrens !
Wir fordern die sofortige Abschaffung der Residenzpflicht !
Erscheint zahlreich zum Prozeß !

Initative für die Schließung des Abschiebelagers HBS

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