Aufruf zur Prozeßbeobachtung
Verwaltungsgericht Magdeburg, am Dienstag 6.12.05, ab 10.3o Uhr
Schönebecker Str. 67a, im Saal 2

M.B wurde vor zwei Jahren in das sogenannte Ausreisezentrum in Halberstadt eingewiesen. In dem Prozeß wird versucht werden M.B. aus dem Ausreisezentrum herauszuklagen. Würde dies gelingen, hätte dies auch eine große bundespolitische Bedeutung. Bisher konnten nur sehr wenige Menschen auf dem "Rechtsweg" aus den "Ausreiszentren" herausgeklagt werden.

Das sogenannte Ausreisezentrum

Durch das Innenministerium von Sachsen-Anhalt wurde vor drei Jahren eine so genannte "Zentrale Ausreiseeinrichtung", in der offiziellen Terminologie der Behörden auch mit GU-ZASt (Gemeinschaftsunterkunft-Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber) bezeichnet, in Halberstadt eingerichtet. Die Zielstellung bestehe darin, durch eine "intensive soziale Betreuung" die "Mitwirkungspflicht bei der Paßersatzbeschaffung" durch die Flüchtlinge zu erreichen. Auf Grund von Verordnungen wurde ein juristischer Tatbestand geschaffen, der erst im Jahr 2005 durch das sogenannte Zuwanderungsgesetz im nachhinein rechtlich legitimiert wurde. In das "Ausreisezentrum" werden Menschen eingewiesen, deren Recht auf Asyl abgelehnt wurde und deren Identität nicht geklärt sei. Die Vorraussetzung für ihre Einweisungen sind, das sie gewaltfrei, sozialverträglich und nicht vorbestraft sind.Die Abschiebeinrichtung befindet sich abgeschieden außerhalb von Halberstadt. Gemeinsam mit der ZASt ist es in einer ehemaligen Kaserne der NVA untergebracht. Die Mehrbettzimmer, in denen die Flüchtlinge leben müssen, wurden seit 1989 nicht mehr renoviert.Die Maßnahmen der „intensiven sozialen Betreuung“ die zur Identitätsfindung dienen sollen bestehen u.a. darin, das die Flüchtlinge ständig verhört werden. Auf der Grundlage von sogenannten Sprachgutachten wird dann die Identität dieser Menschen festgelegt. Ihr Aufenthalt wird strikt auf die Stadt Halberstadt begrenzt. In der Verschärfung des Erlasses zur "Ausreiseeinrichtung" wurde besonders verfügt, daß Urlaubsanträge "sehr restriktiv zu handhaben seien." Die Duldung müssen sich die Flüchtlinge wöchentlich, teilweise sogar im Tagesrhythmus verlängern lassen. Die medizinische Versorgung wird nur für das allernotwendigste gewährt. Es gibt keinen Arzt/Ärztin im Lager, sondern nur eine Krankenschwester, von der sich die Flüchtlinge begutachten lassen müssen, um über einen sehr bürokratischen Weg einen Krankenschein zu erlangen. In dem zuständigen Sozialamt wird den Menschen auf den Cent genau vorgerechnet, was ihre Behandlungen kosten darf. Dann müssen sie sich auf einem ca. 7 km langen Fußmarsch begeben, um endlich vom zuständigen Arzt behandelt zu werden. Viele Flüchtlinge im Lager sind krank. Neben physischen Leiden stehen vor allem die psychischen im Vordergrund, wie Schlafstörungen, Angst und Depressionen. John Williams, der zwei Jahre im Ausreiselager lebte, verstarb am 4.April 2004. Bis heute ist die Frage, welche Auswirkungen die Lebensbedingungen vor Ort auf seinen Krankheitsverlauf hatten, nicht vollständig geklärt.Eine weitere Verschärfung der Situation ergibt sich aus der Tatsache, daß die Menschen im Abschiebelager keine finanzielle Mittel erhalten. Die Sachleistungen sind völlig ungenügend, um ein halbwegs menschenwürdiges Leben führen zu können. Die Menschen erhalten weder Briefpapier, Briefmarken oder Busfahrscheine. Im Gegensatz zur Abschiebehaft ist diese Maßnahme nicht zeitlich befristet. Es gibt Menschen, die bereist das dritte Jahr unter diesen Bedingungen leben. Nach dem Tod von John Williams wurde eine Sozialarbeiterin für die Abschiebeeinrichtung eingestellt. Da diese Kollegin jedoch eine Angestellte des Landes ist, kann sie von den Flüchtlingen nur in ihrer Überwachungs- und Verwaltungsfunktion wahrgenommen werden.

Die Zielstellung des Lagers ist eindeutig. Die Menschen sollen solange sanktioniert werden, bis sie eine Identität annehmen, die sie abschiebefähig macht. Die Flüchtlinge werden regelmäßig bei den angeblich zuständigen Botschaften vorgeführt. Diese verweigern in der Regel die notwendigen Papiere für die Abschiebung. Bezeichnend ist deshalb die Aussage des Innenministers von Sachsen-Anhalt, der am 18.01.04 stolz verlauten ließ, daß bereits "...bis zum Stichtag 52 Personen freiwillig ausgereist bzw. untergetaucht" sei. Nach neueren Planungen sollen bald 250 Menschen in die "Ausreiseeinrichtung" eingewiesen werden. Über 50 % der eingewiesenen Flüchtlinge haben inzwischen ein Leben in der Illegalität begonnen, und das ist offensichtlich auch, durch das Innenministerium, so gewollt.

Erscheint zahlreich zum Prozeß ! Initiative zur Schließung des Abschiebelagers

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