Bericht zur Veranstaltung in Berlin am Mittwoch den 06.12.05
"Ausreisezentrum Haberstadt schließen" von lesender arbeiter - 08.12.2005

Am Beispiel von Halberstadt wurde am vergangenen Mittwoch im Rahmen des Roten Abends der Internationalen KommunistInnen (jeden 1. Mittwoch) im Berliner Stadtteilladen Zielona Gora das System der Ausreisezentren deutlich gemacht.
Zur Einstimmung wurden Filmschnipsel über eine erfolgreiche antirassistische Aktion in dem 7 km von Halberstadt entfernten Ausreisezentrum gezeigt. Im Rahmen der Anti-Lager-Action-Tour 2004 haben sich viele BewohnerInnen den antirassistischen Gruppen angeschlossen und an den Aktionen in der Stadt beteiligt. Dabei haben sie souverän alle Verbote des Aufsichtspersonals missachtet. Ein verschlossenes Tor wurde mit vereinten Kräften geöffnet und das Wachtpersonal machte lange Gesichter.

Dann schilderte T. ein langjähriger Bewohner des Ausreisezentrums den Alltag im Heim. „Du wirst nicht geschlagen. Aber das Leben dort ist eine moderne Folter“. Kein Briefpapier, kein Geld, zum Essen nur das überlebensnotwendige und dann die Langeweile. Denn die BewohnerInnen dürfen den Landkreis Halberstadt wegen der Residenzpflicht nicht verlassen. Doch laut T. machen es 80 % wie er und suchen das weite. Damit werden sie illegal. Für Matthias K. von der Initiative gegen das Ausreisezentrum Halberstadt“ ist diese Illegalisierung ein von den Behörden beabsichtigtes Kalkül. Dann fällt noch die geringste staatliche Unterstützung weg und die Menschen sind billige Arbeitskräfte.
Schließlich leben im Ausreisezentrum sowie so nur Menschen, die nicht abgeschoben werden können, beispielsweise weil ihre Herkunft nicht klar ist oder weil ihr Herkunftsstaat sich weigert, ihnen Pässe auszustellen. F. von der Gruppe NoLager Halle verdeutlichte in einen Abriss über die deutsche Flüchtlingspolitik, wie die Entrechtung der Menschen im Laufe der letzten Jahrzehnte seit Mitte der 70er Jahre immer mehr zu genommen hatte.

Das System der Ausreisezentren ist hier bei nur ein Baustein. Man will Menschen praktisch auf ein Niveau drücken, wo sie gerade noch überleben können. Der Kampf um medizinische Versorgung ist immer ein Hürdenlauf mit den Behörden, die sich als Wächter der Staatskassen nicht aber der Flüchtlinge verstehen. Auch hier gilt, dass nur Maßnahmen genehmigt werden, die zur Lebensrettung absolut notwendig. Die Folgen zeigte der Tod des Flüchtlings John Williams im April 2004. Er lebte fast zwei Jahre im Ausreisezentrum Halberstadt und hatte eine schwere Erkrankung. Was die Flüchtlinge am meisten empörte, war die Reaktion der Behörden nach seinem Tod. Davon erfuhren sie erst Wochen später über Umwege. Die Ämter ließen verlautbaren, Williams lebe in einem anderen Heim oder sei in einen Krankenhaus in einer anderen Stadt untergebracht. „Das ist eine Frage der Menschenwürde, die uns selbst im Tod abgesprochen wird“, erklärte T.

Was tun?
Die beiden Aktivisten aus Halle und Halberstadt berichteten über zahlreiche Initiativen, die in den letzten Jahren in der Region gestartet worden sind. Dabei sei es bewusst darum gegangen, Öffentlichkeit herzustellen und die Menschenrechtssituation in den Mittepunkt zu stellen. Das sei nun ausgereizt, jetzt gelte es Druck auf die Landesregierung von Sachsen-Anhalt auszuüben. Die Veranstaltung war dazu ein erster Baustein. Dazu muss mensch wissen, dass die Betreibung von Ausreisezentren Ländersache ist. In vielen Bundesländern wurde darauf verzichtet.
Nun soll versucht werden, auch in Berlin gegen das Ausreisezentrum zu kämpfen. K. betonte allerdings, dass es mit der Forderung nach der Schließung nicht getan ist, weil dann die Gefahr besteht, dass die BewohnerInnen auf andere Lager aufgeteilt werden. Da gibt es durchaus Pläne in den Behörden, die aus Gründen der Kostenersparnis solche Überlegungen anstellen. Es gehe auch darum, gegen jegliche Sonderbehandlung der Flüchtlinge einzutreten. Insbesondere die jeder Bewegungsfreiheit hohnsprechende Residenzpflicht muss abgeschafft werden. Im Mai soll es in Magdeburg eine antirassistische Aktionswoche geben, die auch das Ausreisezentrum im Mittelpunkt hat. Parallel könnte es in Berlin Aktionen geben, beispielsweise eine Kundgebung vor der Landesvertretung von Sachsen-Anhalt in Berlin in der Luisestraße 18.

Da würden sich zwei Termine anbieten: Im Vorfeld, falls es wieder wie in den vergangenen Jahren vor dem ersten Mai Aktionstage geben sollte, könnte das eine Aktion sein. Am 1. Mai, wo es in diesem Jahr erstmals auch den Euro-Mayday in Berlin geben soll, der auch Antirassismus ausdrücken soll, könnte Halberstadt eine Rolle spielen und/oder am 25. oder 26 Mai zum Auftakt des Buko (Bundeskoordination Internationalismus)) könnte eine Aktion vor der Landesvertretung in Berlin laufen. Damit wäre das Thema auch in einen bundesweiten Zusammenhang gestellt. Denn es geht natürlich nicht nur um ein Ausreisezentrum sondern die Thematisierung der Entrechtung von Flüchtlingen an einem Beispiel, wo die Flüchtlinge und die regionalen antirassistischen Initiativen um diese Unterstützung bitten und wo damit der Widerstand vor Ort gestärkt und unterstützt werden kann. Noch ist etwas Zeit und es wäre gut, wenn sich die unterschiedlichen Zusammenhänge (Buko, Euro-May-Day-Vorbereitung, antirassistische Gruppen oder einfach interessierte Gruppen und Einzelpersonen )überlegen würden, ob und wie sie hier eine Unterstützungsarbeit leisten könnten. Für Vorschläge etc. auch an die Initiative in Halle und Halberstadt hier eine Emailadresse. maisteine_05@yahoo.de

Die Anfragen werden weitergeleitet.

e-Mail: maisteine_05@yahoo.de
Homepage:: http://www.interkomm.tk

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