Aufruf zur Demonstration am Mittwoch, 18.05.2005, in Magdeburg
Für die sofortige Schließung des Abschiebelagers in HBS

„Das Schlimmste ist, und es tut uns leid dies sagen zu müssen, aber das Schlimmste ist, dass wir als Menschen im 21. Jahrhundert mit Methoden des Jahrhunderts der Lager zum Verraten unserer selbst gezwungen werden sollen. Bilder der vollen Flüchtlings- und Gefangenenlager sind immer sehr eindrucksvoll, wenn sie aus der Ferne kommen. Wir leben hier in Halberstadt in einem Ausreiselager ... von Ausländerbehörden nach einem uns nicht erkennbaren Schlüssel ausgewählt und eingewiesen, unter anderem deshalb, weil wir "gewaltlos sind, sozial verträglich", wie es im Amtsdeutsch heißt - Halberstadt zumutbar.
Wir wollen als Menschen die Sehnsucht nach Freiheit nicht nur in den Köpfen haben, sondern leben.“ Menschen aus dem Lager.

Durch das Innenministerium von Sachsen-Anhalt wurde vor drei Jahren eine so genannte „Zentrale Ausreiseeinrichtung“, in der offiziellen Ter­minologie der Behörden auch mit GU - ZASt (Gemeinschaftsunterkunft - Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber) bezeichnet, in Halberstadt eingerichtet. Die Zielstellung bestehe darin, durch eine „intensive so­ziale Betreuung“ die „Mitwirkungspflicht bei der Passersatzbeschaf­fung“ durch die Flüchtlinge durchzusetzen.

Das Abschiebelager befindet sich abgeschieden außerhalb von Halberstadt. Gemeinsam mit der ZASt ist es in einer ehemaligen Kaserne der NVA untergebracht. Die Mehrbettzimmer, in denen die Flüchtlinge leben müssen, wurden seit 1989 nicht mehr renoviert.

Die Maßnahmen der „intensiven sozialen Betreuung“ bestehen unter anderem darin, dass die Residenzpflicht strikt auf die Stadt Halberstadt begrenzt wird. In der Verschärfung des Erlasses zur Ausreiseeinrich­tung wurde besonders verfügt, dass Urlaubsanträge „sehr restriktiv zu handhaben“ seien. Die Duldung müssen sich die Flüchtlinge wöchent­lich, teilweise sogar im Tagesrhythmus verlängern lassen.

Die medizinische Versorgung wird nur für das Allernotwendigste gewährt. Es gibt keine/n Arzt/Ärztin im Lager, sondern nur eine Kran­kenschwester, von der sich die Flüchtlinge begutachten lassen müssen, um über einen sehr bürokratischen Weg einen Krankenschein zu erlangen. Dann müssen sie sich auf einen ca. 7 km langen Fußmarsch begeben, um endlich vom zuständigen Arzt behandelt zu werden.

Viele Flüchtlinge im Lager sind krank. Neben physischen Leiden stehen vor allem die psychischen im Vordergrund, wie Schlafstörungen, Angst und Depressionen. John Williams, der zwei Jahre im Ausreise­lager lebte, verstarb am 4. April 2004. Bis heute ist die Frage, welche Auswirkungen die Lebensbedingungen vor Ort auf seinen Krankheits­verlauf hatten, nicht vollständig geklärt.

Eine weitere Verschärfung der Situation ergibt sich aus der Tatsache, dass die Menschen im Abschiebelager keine finanzielle Mittel erhalten. Die Sachleistungen sind völlig ungenügend, um ein halbwegs men­schenwürdiges Leben führen zu können. „Ein Leben wie die Tiere, für Essen und Schlafen ist gesorgt“, so L., der im Abschiebelager lebt.

Die Zielstellung des Lagers ist eindeutig. Die Flüchtlinge sollen so lan­ge sanktioniert werden, bis sie eine Identität annehmen, die sie abschie­befähig macht. Die Maßnahme ist nämlich im Gegensatz zur Abschie­behaft zeitlich unbefristet und unterliegt keiner „demokratischen“ Kon­trolle. Bezeichnend ist die Aussage des Innenministers von Sachsen-Anhalt, der am 18.01.04 stolz verlauten ließ, dass bereits „... bis zum Stichtag 52 Personen freiwillig ausgereist bzw. unterge­taucht“ seien. Nach neueren Planungen sollen bald 250 Menschen in die „Ausreise­einrichtung“ eingewiesen werden. Über 50 % der eingewiesenen Flücht­linge haben inzwischen ein Leben in der Illegalität begonnen, und das ist offensichtlich auch, durch das Innenministerium, so gewollt.

Wir fordern daher die sofortige Schließung des Lagers!

Kundgebung vor dem Innenministerium ab 14 Uhr
Magdeburg Halberstädter Str. 2 - Demonstration ab 16 Uhr

Initiative zur Schließung des Abschiebelagers

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