Pläne für Asylheim neben ZAST und Ausreiselager bei Halberstadt

Drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Sachsen-Anhalt.

Ab Mitte Februar 2008 sollen in Sachsen-Anhalt Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens auf dem Gelände der ZAST bei Halberstadt untergebracht werden. Die ZAST Halberstadt ist die Zentrale Anlaufstelle für neu angekommene Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt. Die GU-ZAST (Gemeinschaftsunterkunft der ZAST) befindet sich in einem weit abgelegenen ehemaligen Kasernenkomplex und bietet den Asylbewerbern nur eine minimale Versorgung. Hier dürfen Flüchtlinge bis zu 6 Wochen, in Ausnahmefällen maximal 3 Monate untergebracht werden, bevor sie in die Landkreise umverteilt werden. In Zukunft sollen Asylbewerber den Gebäudekomplex in der Nähe von Halberstadt bis zu 15 Monate lang nicht verlassen, solange ihr Asylverfahren läuft. Begründet wird diese dramatische Verschlechterung der Situation von Asylbewerbern damit, dass die GU-ZAST schlecht ausgelastet sei, das Land Sachsen-Anhalt aber gesetzlich dazu verpflichtet ist, eine ZAST zu betreiben1).

Rückblick - Abschiebelager auf dem Gelände der GU-ZAST und weitere Einweisungen:

Im Jahr 2002 wurde auf dem Gelände bei Halberstadt neben der GU-ZAST für neu angekommene Flüchtlinge auch eine sog. "zentrale Ausreiseeinrichtung"2) geschaffen. Bereits damals war hier durch die zurückgegangenen Asylbewerberzahlen Platz frei geworden. In die "zentrale Ausreiseeinrichtung" werden Asylbewerber eingewiesen, deren Antrag "offensichtlich unbegründet" sei und die ihre "Mitwirkungspflicht verletzt" hätten. Durch "intensive Betreuung"3) der eingewiesenen Asylbewerber solle deren Bereitschaft zur "freiwilligen Ausreise"4) gesteigert werden. Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt stellte am 1. Juni 2005 in einer Pressemitteilung fest, die "Ausreiseeinrichtung" habe "außer menschliches Leid nichts gebracht"5). Im Juli 2005 wurde bekannt, dass für das Landesverwaltungsamt "seit langem klar ist, dass die Ein­richtung (die GU-ZAST) aus Kostengründen verkleinert und Personal abgebaut werden muss"6). Ab dem 28.12.2005 wurden Asylbewerber aus der geschlossenen Asylbewerberunterkunft Schönebeck eingewiesen. Als die in Thale untergebrachten Asylbewerber erfuhren, dass ihre Unterkunft sowie die in Elend/Wernigerode geschlossen werden und die Bewohner in der GU-ZAST Halberstadt leben sollen, begannen sie einen Hungerstreik. Was die dauerhafte Unterbringung in der GU-ZAST Halberstadt für Asylbewerber bedeutet, lässt dieser Hungerstreik erahnen. Die Zahl der freien Plätze dort hatte sich unterdessen auch noch aus einem anderen Grund vorübergehend verringert: Nach dem verheerenden Brand in der Obdachlosenunterkunft Halberstadt am 2. Dezember 2005, bei dem neun Obdachlose starben, wurden in der GU-ZAST Halberstadt die oberen beiden der vier Wohnetagen in den drei Plattenbauten geschlossen. So bietet die GU-ZAST im Moment nicht mehr 1200 Plätze, wenn der Belegungsschlüssel des Innenministeriums zugrunde gelegt wird, sondern 600 Plätze.

Aktuelle Situation - Zentrallager nimmt Formen an

Inzwischen sind Flüchtlinge aus Elend, auch allein reisende Mütter mit Kleinkindern, in die ursprünglich nur für die Erstaufnahme eingerichtete GU-ZAST bei Halberstadt umverteilt worden. Im Block A, in dem sich das Abschiebelager befindet, sind die oberen Etagen saniert worden. Block B soll als Unterkunft wegfallen. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten soll in Block A und C Platz für 800 Asylbewerber sein, 200 Plätze mehr als jetzt. Man geht derzeit davon aus, dass monatlich etwa 50 Flüchtlinge nach Sachsen-Anhalt kommen7) und in der GU-ZAST genug Platz ist, um alle Asylbewerber 15 Monate lang dort festzuhalten. Bei den aktuellen Diskussionen scheint das Innenministerium nur in solchen Punkten wie beispielsweise dem, ob Familien mit Kindern kürzer im Zentrallager untergebracht werden sollen, gesprächsbereit zu sein.

Ausblick

Die Asylbewerberzahlen werden weiter sinken8), der nächste Leerstand in der GU-ZAST Halberstadt ist absehbar. Das Innenministerium wird wieder eine weitere Verschlechterung der Lebenssituation von Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt planen, wenn nicht ein Umdenken stattfindet!
Falls das Innenministerium eine humane Lösung für die kostspielige GU-ZAST will, muss der Rückbau der GU-ZAST zur ausschließlichen Erstaufnahmeunterkunft vorangetrieben werden. Besser wäre es noch, die Unterbringung von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften insgesamt zu überdenken. Eine Unterbringung in Wohnungen wäre machbar, zumal viele Gemeinschaftsunterkünfte in Sachsen-Anhalt unterbelegt sind, und zugleich eine geeignete Maß­nahme gegen Rassismus und für Integration. Die Asylbewerber in Elend, Thale, Schönebeck und Hohenthurm hätten nach der Schließung der dortigen Gemeinschaftsunterkünfte dann nicht in Gemeinschaftsunterkünfte an anderen Orten umziehen müssen und damit ihre mühsam aufgebauten sozialen Kontakte verloren.
Das Land Sachsen-Anhalt könnte sich von dem Konzept der Unterbringung von Asylbewerbern in isolierten, teilweise leerstehenden, teuren Gemeinschaftsunterkünften verabschieden.
Das wäre eine Politik für Integration und gegen Rassismus und ein Ende der stigmatisierenden Aus­lagerung von Menschen aus der sachsen-anhaltinischen Gesellschaft.
Ein Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt wäre zusätzlich ein klares Signal gegen rassistische Gewalt und würde zeigen, dass die Rechtsextremen ihre rassistischen Ziele nicht erreichen.
Soweit unsere Informationen zur geplanten Asylbewerberunterkunft auf dem Gelände der GU-ZAST. Nähere Einzelheiten kennen wir nicht, denn der Entwurf des entsprechenden Erlasses ist nicht öffentlich zugänglich.

Mit freundlichen Grüßen

no lager halle

Fußnoten:

1) § 44-47 AsylVfg: Eine Aufnahmeeinrichtung ist einzurichten. In dieser sind Asylbewerber nicht länger als 6 Wochen, höchstens 3 Monate unterzubringen. Die Aufnahmeeinrichtung soll ausreichend Plätze zur Verfügung stellen, entsprechend ihrer Aufnahmequote. Die Anzahl der zugewiesenen Asylbewerber wird monatlich mitgeteilt. Die Unterbringung in einer GU-ZAST ist also gesetzlich auf 6 Wochen, ausnahmsweise maximal 3 Monate, begrenzt! - zusammenfassend: http://www.aufenthaltstitel.de/asylvfg.html#abschnitt3
2) In den Erlassen des Innenministeriums wurde von "Ausreise-Einrichtung in der GU-ZAST" gesprochen, in den Diskussionen von "zentraler Ausreiseeinrichtung", Flüchtlingsräte und Antira-Gruppen sprechen vom Abschiebelager.
3) Die drei Formulierungen stammen aus den Erlassen des Innenministeriums. Neues Deutschland 31.07.2004: John Williams starb trotz "intensiver Betreuung"
4) Formulierung aus den Erlassen des Innenministeriums; Unwort des Jahres 2006, http://www.unwortdesjahres.org
5) Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt Außer menschliches Leid nichts gebracht - Flüchtlingsrat weiterhin für die Schließung der Ausreiseeinrichtung 1. Juni 2005
6) Artikel der Mitteldeutschen Zeitung vom 21.07.2005 Land will stärker bei Flüchtlingen sparen
7) Sachsen-Anhalt nimmt wie im Vorjahr knapp 3,1 Prozent der nach Deutschland eingereisten Asylbewerber auf Ministerium des Inneren - Pressemitteilung Nr.: 281/07 10. Oktober 2007
8) Nach der jetzt vorliegenden Halbjahresstatistik kamen 274 Asylbewerber nach Sachsen-Anhalt im Vergleich zu 377 Bewerbern im ersten Halbjahr 2006 ebd.

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