Halberstadt: (K)Ein Ort für AsylbewerberInnen!

09.08.2008, Halberstadt-Nienburg:
Konzert der rechten Hoolband "Hungrige Wölfe - Kategorie C"
14.08.2008, Gelände der GU-ZAST Halberstadt:
Abschiebeanhörungen durch eine nigerianische Botschaftsdelegation

Die aktuellen Ereignisse werfen ein (r)echtes Licht auf Halberstadt. Die Stadt wurde bundesweit durch rechte Überfälle, z.B. auf die Theatergruppe "Nordharzer Städtebund-Ensemble" am 09.06.07, und den Mord an Helmut Sackers am 29.04.00 bekannt. Das Konzert der Band "Hungrige Wölfe - Kategorie C" zeigt, dass die rechten Strukturen in der Region weiter ausgebaut werden.

• GU-ZAST Halberstadt:

Gleichzeitig treibt das (weltoffene) Sachsen-Anhalt in der GU-ZAST, sieben Kilometer außerhalb von Halberstadt, sein Projekt eines Zentrallagers für AsylbewerberInnen voran. Die AsylbewerberInnen sollen für 1 Jahr in der ZAST festgehalten werden. Sie erhalten nur 40 Euro Taschengeld, Großküchenessen und ihre Bewegungsfreiheit ist auf den Landkreis Harz beschränkt.
Der Erlass des Innenministeriums vom 19.02.08 sieht vor, dass AsylbewerberInnen bis zum "rechtskräftigen (unterstrichen) Abschluss des Asylverfahrens" in der GU-ZAST verbleiben. In Halberstadt gibt es nur Einrichtungen, die auf die Erstaufnahme ausgerichtet sind, und keine Anwälte für Asylrecht. So ist es AsylbewerberInnen nicht möglich nach einer Ablehnung ihres Erstantrags - bundesweit werden über 99% aller Erstanträge abgelehnt - mit anwaltlicher Unterstützung einen Asylfolgeantrag zu stellen. Dadurch verkürzen sich die Asylverfahren auf ein Jahr, wie es das Innenministerium wünscht.
"Während des Aufenthalts in der GU-ZAST sollen ... erste Maßnahmen ergriffen werden, die eine freiwillige Rückkehr fördern oder die Grundlage für spätere aufenthaltsbeendende Maßnahmen bilden." (ebd.) Dies betrifft alle AsylbewerberInnen, bei denen ein "negativer Ausgang des Asylverfahrens ... bereits vorliegt oder ... erkennbar wird" (ebd.), also über 99% der AsylbewerberInnen, die nach Sachsen-Anhalt verteilt werden.

• Botschaftsdelegationen - Abschiebeanhörungen:

Zu den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gehört die Einladung von Botschafts-delegationen in die GU-ZAST Halberstadt. Die letzte Botschaftsdelegation aus Nigeria war am 15.01.08 in Halberstadt. Aus dem gesamten Bundesgebiet wurden AsylbewerberInnen nach Halberstadt gebracht. Die nigerianische Botschaftsdelegation erhielt pro vorgeführtem Asylbewerber 250 Euro, pro Reisepapier nochmals 250 Euro.
Seit August 2007 ist die nigerianische Botschaft bereit, für Geld Papiere zur Abschiebung auszustellen, sogar ohne mit den AsylbewerberInnen zu sprechen. Es reicht, dass sie der Botschaftsdelegation vorgeführt werden, so in München 08/07, Halberstadt 01/08, Dortmund 02/08, Ludwigsburg 03/08, München 06/08, Karlsruhe 07/08, nun wieder in Halberstadt am 14.08. Deshalb versuchen viele AsylbewerberInnen, sich den Vorführungen zu entziehen. Diese Vorführungen spielen sich ab wie eine Abschiebung, die AsylbewerberInnen werden ohne Vorankündigung zu Hause oder im jeweiligen Lager von Bundespolizisten abgeholt - sie werden nur nicht zum Flughafen gefahren. Besonders fatal ist es für AsylbewerberInnen, wenn sie genau in dem Lager untergebracht sind, in dem die Sammelvorführungen stattfinden. Botschaften, die zu solchen Sammelvorführun­gen bereit sind, waren in der Vergangenheit z.B. Guinea und Burkina Faso, zur Zeit sind es vor allem Irak und Nigeria.
In Halberstadt sind Besuche von Delegationen seit 2004 bekannt. Bei all diesen Delegationsbesuchen wird pro Papier und somit möglicher Abschiebung Geld gezahlt und werden Menschen der gesamten Region und aus den Nachbarländern vorgeführt, es wird deshalb auch von Menschenhandel gesprochen.

• Nazis in Halberstadt:

In der GU-ZAST Halberstadt sind die AsylbewerberInnen ständig dem Zugriff der Behörden ausgeliefert, außerhalb sind sie der Bedrohung durch die latent gewaltbereite Naziszene ausgesetzt. Wenn sie das Lager verlassen, müssen sie sieben Kilometer in das Stadtzentrum laufen.
Im Zentrum von Halberstadt befindet sich neben vielen Nazis seit 6 Jahren auch der Laden "Ragnarök", dessen Räumlichkeiten bis Ende Juni 2007 von der Halberstädter Wohngesellschaft angemietet waren. Erst nach dem Angriff auf das Nordharzer Städtebund-Ensemble konnte sich die Wohngesellschaft dazu durchringen, den Vertrag zu kündigen. Noch im August 2006 hatte der damalige OB, im Vorstand der Wohngesellschaft, engagierte BürgerInnen informierte: "Die Vermietung ist an einen Ladenbesitzer vorgenommen worden, aus dessen Gewerbeanmeldung keine neonazistischen Inhalte zu erkennen sind. Es handelt sich um ein Bekleidungsgeschäft." Während einer Antifa-Demo am 01.10.05 hatten sich etwa 100 Nazis vor dem "Ragnarök"-Laden getroffen und von dort aus die Antifa-Demo mit Steinen und Flaschen angegriffen.
Am Halberstädter Bahnhof wurde an Himmelfahrt 2005 ein Asylbewerber aus Eritrea angegriffen. Die anwesenden BürgerInnen griffen erst ein, als sie dazu von einem BGS-Beamten aufgefordert wurden. Es wurden sowohl der Asylbewerber, weitere BürgerInnen und ein BGS-Beamter mit Polizeihund von den Nazis angegriffen und verletzt.

• 09.08.2008:

Der "Ragnarök"-Laden verkaufte Soli-T-Shirts für den Sänger der Band "Landser", Michael Regener, als dieser wegen § 129 (kriminelle Vereinigung) im Gefängnis saß. "Hungrige Wölfe - Kategorie C" traten im Oktober 2006 bei einer Solidaritäts-Demonstration mit Konzert für den inhaftierten Regener vor dem Gefängnis in Berlin-Tegel auf.
Am 09.08.08 wollen "Hungrige Wölfe - Kategorie C" mit drei weiteren Bands in Halber­stadt-Nienhagen aufspielen. Das Konzert sollte Abschluss eines Naziaufmarsches am selben Tag in Quedlinburg sein. Dort ist jedoch am 09.08.08 das Gilde-Stadtfest. Die Polizeibehörden waren deshalb nicht bereit, die Nazis durch die Innenstadt marschieren zu lassen. Stattdessen konnte die "Aktionsfront Harz" für den 23.08.08 einen Aufmarsch in der Quedlinburger Innenstadt anmelden.

• Keine Integration

In einer Region, in der die Polizei nach Naziüberfällen die Opfer schikaniert (09.06.07), Nazis AsylbewerberInnen und Menschen, die ihnen helfen wollen, zusammenschlagen können, und die Zivilcourage sich darin erschöpft, einen Naziladen eine Ecke weiter wieder öffnen zu lassen, können u.a. AsylbewerberInnen nur in ständiger Angst vor Übergriffen leben. Die Nazipräsenz wird Teil des Auslagerungs-Konzepts.
Im Protokoll der Landtagsdebatte zur Unterbringung von AsylbewerberInnen in der GU-ZAST Halberstadt für bis zu 15 Monate am 16.11.07 steht:
"Während eines noch laufenden Asylverfahrens wäre es unverantwortlich, weiterführende Integrationsarbeit zu leisten, vor allem, wenn man bedenke, dass nicht alle Asylanträge auch bewilligt und zahlreiche Menschen wieder in ihr Heimatland entlassen würden."

Aufruf zum Protest am 14.08.08 gegen die geplante nigerianische Abschiebeanhörungen in Halberstadt.

Ab Donnerstag Vormittag, 14.08.2008, findet in der GU-ZAST Halberstadt wieder eine Anhörung der nigerianischen Botschaft statt. Derartige Anhörungen mit einer nigerianischen Botschaftsdelegation gab es bereits im August letzten Jahres in München, dieses Jahr im Januar in Halberstadt, im Februar in Dortmund, im März in Ludwigsburg, im Juni in München und im Juli in Karlsruhe, nun wieder in Halberstadt in der ZAST.
Flüchtlinge aus dem gesamten Bundesgebiet werden vorgeladen. Ziel ist die Abschiebung jedes Flüchtlings, der als nigerianisch identifiziert wird. Als Kriterien gelten vor allem sprachliche Merkmale und das Aussehen...

In der Vergangenheit wurden hierbei auch Afrikaner z.B. aus Liberia, Uganda, Togo und dem Sudan angehört und nach Nigeria abgeschoben. Die von der nigerianischen Botschaft eingesetzten Beamten erhalten von den deutschen Behörden für jedes Interview 250 Euro und für jedes "Reisedokument" weitere 250 Euro.

Auch Flüchtlinge ohne Vorladung werden für ein Interview ohne Vorwarnung an ihrem Wohnsitz von der Polizei abgeholt. 2500 AsylbewerberInnen sollen so aus Deutschland abgeschoben werden.
Warnt Flüchtlinge in Eurem Umfeld!

Gegen die Anhörungen werden wir am 14.08. vormittags zeitgleich in Halberstadt protestieren.

Zentrale Anlaufstelle für Aslybewerber (ZAST),
Friedrich Liszt Straße 1a,
38820 Halberstadt

Setzt ein Zeichen und seid da. Ausserdem könnt Ihr der nigerianischen Botschaft selbst ein Protestfax schicken Fax: +49-(030) 21230212!
und in Halberstadt tel.: 03941-6640 anrufen

Adresse der Nigerianischen Botschaft in der BRD:
Embassy of the Federal Republic of Nigeria,
Neue Jakobstr. 4
10179 Berlin
info@nigeriaembassygermany.org

Bericht vom 17.08. - Halberstadt: Nigerianische Abschiebeanhörungen
Call for protest against the deportation interviews at the 14th of August 08 in Halberstadt
Warnflyer English
Karawane München zu Abschiebeanhörungen
the voice forum: report on the call for community support against the collaboration of the nigirian embassy
the voice forum: Nigerian Embassy Collaboration: Another face of Colonialism

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